Etwa 10 bis 15 Millionen Menschen leben in Burkina Faso und weiteren zentral- und westafrikanischen Ländern vom Baumwollanbau. Das “weiße Gold” ist nach Kakao und Kaffee die wichtigste Exportware Afrikas. Zumeist ist Baumwolle die zentrale, wenn nicht überhaupt die einzige Einkommensquelle, was sich ebenso im hohen Anteil des Baumwollexports am Bruttoinlandsprodukt zahlreicher afrikanischer Staaten widerspiegelt.
Obwohl die westafrikanischen Baumwollfarmer fünf Prozent der gesamten Baumwollproduktion bestreiten und zudem im globalen Vergleich die kostengünstigsten Produzenten sind, gehören sie zu den ärmsten der Welt. Der Rückgang der Weltmarktpreise brachte die Bauern im Sahel in eine krisenhafte Lage. Sie waren weder imstande die Produktionskosten zu decken, noch die Kredite für Düngemittel und Saatgut zu begleichen. So wurden Land und Tiere veräußert, um weiterhin produzieren zu können, was wiederum die Farmer um Jahre zurückwirft und die Produktion dementsprechend verzögert. Der Baumwollanbau macht in Burkina Faso in etwa 60 Prozent der Exporteinnahmen aus. Berechnungen der Weltbank zufolge, müssen die zentral- und westafrikanischen Regierungen schon allein wegen der US-Subventionen jährliche Mindereinnahmen von 250 Millionen US-Dollar hinnehmen.
Amy Barry, Sprecherin für Handelsfragen der britischen Hilfsorganisation Oxfam, stellt in Let’s Make Money fest: “Baumwolle ist das Symbol für das Unfaire im globalen Handelssystem”. Die Afrikaner verloren in den Jahren 2001 bis 2003 400 Millionen US-Dollar. Dafür werden primär die hohen Baumwollsubventionen in den vermögendsten Ländern der nördlichen Hemisphäre verantwortlich gemacht. Man wirft der Welthandelsorganisation (WTO) mangelndes Durchsetzungsvermögen in Hinsicht auf die Einhaltung der Spielregeln eines fairen Handels durch die Vereinigten Staaten vor. Trotz des Urteils der WTO, Agrarsubventionen seien wettbewerbszerrend und deshalb auch illegal, werden die US-amerikanischen Baumwollbauern laut Oxfam jedes Jahr mit circa einer Milliarde Dollar vom Staat unterstützt. Der Großteil dieser Hilfen geht an Großlieferanten, die einen Prozent aller Empfänger darstellen.
Die Vereinigten Staaten ließen den 25.000 amerikanischen Baumwollfarmen jährlich insgesamt zwischen drei bis vier Milliarden Dollar an Förderungen zukommen – mit erheblichen Auswirkungen für die afrikanischen Baumwollbauern, wie ökonomische Modelle verdeutlichen: die US-Subventionen gelten nämlich als der eigentliche Grund für den Verfall der Baumwollpreise auf dem Weltmarkt um 12,6 Prozent. Würden die USA die Baumwolle nicht subventionieren, verdiente Burkina pro Jahr umgerechnet mindestens 122 Millionen Euro, heißt es in Let’s Make Money. Im Vergleich dazu macht die bilaterale Entwicklungshilfe sowie die Kredite Japans, der EU und USA eine jährliche Summe von 30 Millionen Euro aus.
Laut einer 2004 durch das Overseas Development Institute durchgeführten Studie, trugen auch die EU-Subventionen für den Baumwollanbau in Spanien und Griechenland zu Einkommensverlusten von 38 Prozent in Zentral- und Westafrika bei. Durch die direkte Konkurrenz mit den zentral- und westafrikanischen Baumwollfarmern, haben die Subventionen einen überproportional schädigenden Effekt. Die EU selbst hingegen schreibt ihren Förderungen eine geringe Auswirkung auf den Weltmarkt zu.
Nach Schätzungen des WWF, erhielt allein Spanien bis 2007 jedes Jahr circa 800 Millionen Euro für eine Anbaufläche von ungefähr 80.000 Hektar Baumwolle. Noch stärker wird laut WWF die Produktion in Griechenland gefördert. Im Großen und Ganzen zahlt die EU die weltweit höchsten Subventionen und liegt damit sogar vor den USA. Als der Plan aufkam, Baumwollsubventionen in der EU weitgehend abzuschaffen, reichte Spanien 2007 Klage vor dem Europäischen Gerichtshof ein und verhinderte dies erfolgreich.
Francis Kologo vom Sofitex in Burkina Faso übt im Film Kritik: “Das ist kein Liberalismus! Sie selbst betreiben Protektionismus und verlangen von uns Liberalismus. Das ist mit zweierlei Maß gemessen! Das ist wie ein Fussballspiel, bei dem Mannschaft A die besten Schuhe trägt und auch mit der Hand spielen darf, während Mannschaft B – die Afrikaner – kleine Länder wie wir, bloßfüßig spielen müssen! Finden Sie das normal?”
Die sogenannte Doha-Runde der Welthandelsgespräche, die im November 2001 startete und nach Unterbrechungen in den Verhandlungen immer wieder neu aufgenommen wurde, scheiterte 2016 endgültig. Damit gingen die Staaten des Südens, die ursprünglich einen besseren Zugang zu den nördlichen Märkten forderten sowie neben dem Abbau von Zöllen und Importquoten vor allem die Reduktion der Agrarsubventionen forderten, leer aus. Der Zusammenbruch der WTO-Verhandlungen bedeutet insbesondere für Länder wie Tschad, Mali, Burkina Faso und Benin ein Fiasko. Die von den USA vorgeschlagene Obergrenze für Agrarsubventionen von 14,4 Milliarden Dollar wäre auch bei Umsetzung für westafrikanische Farmer nicht wirklich hilfreich gewesen.
In Let’s Make Money berichtet der am Institut für Entwicklung in Genf ausgebildete Agronom Yves Delisle, dass die Böden am Rand der Sahelzone aufgrund der ständigen, eintönigen Bebauung mit Baumwolle ausgelaugt sind. Sie sind so stark erodiert, dass sich sogar Gräben gebildet haben. Dennoch forcieren Strukturanpassungsprogramme unter der Führung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank den Baumwollanbau in Burkina Faso, da sowohl letztere als auch Privatinvestoren an den Rohstoffen interessiert sind. So wird also hauptsächlich Rohbaumwolle ausgeführt, das Land selbst schöpft keinen Wert daraus.
Auch nach 20-jähriger direkter Zusammenarbeit mit den Bauern kann Delisle keine Verbesserung der Situation feststellen: “Diese Menschen verdienen pro Jahr nicht einmal 50 Euro”, und das trotz der ausgezeichneten Qualität afrikanischer Baumwolle, die sehr rein ist, da sie von Hand gepflückt wird.
Die burkinesische Baumwollbäuerin Karafahan Tani sagt: „Wir haben Angst. Es reicht uns. Unsere Kinder bauen Baumwolle an, haben aber nichts davon. Was sollen wir tun? Wir können doch nicht nichts tun. Helft uns! Sagt denen, die die Baumwolle kaufen, sie sollen einen fairen Preis bezahlen, damit Burkina Faso und wir mehr Geld bekommen. Alte Frauen wie ich arbeiten jeden Tag unter der Sonne – für nichts. Aber was sollen wir machen? Versucht uns zu verstehen. Wir bitten euch… Ihr seht selber, wie mühsam die Arbeit ist…“
Vereinzelt konnten Kleinbauern in Afrika mit Projekten zum Anbau von Biobaumwolle Erfolge erzielen, da für Biobaumwolle am Weltmarkt höhere Preise bezahlt werden. Außerdem wird versucht für Baumwollprodukte aus Afrika, die für eine nachhaltige Produktionsweise stehen, Standards einzuführen – immerhin schon ein kleiner Schritt in die richtige Richtung für die Baumwollfarmer.